Kultur hat Bindekraft zum Arbeitgeber!Civey Befragung ergibt: ein Drittel der Beschäftigten ist auf dem Absprung
Wir haben im Rahmen einer repräsentativen Beschäftigtenbefragung untersucht, wie stark die Identifikation mit dem derzeitigen Arbeitgeber ist. Das Ergebnis sollte alle alarmieren, die nicht in strategisches Employer Branding investieren.
Wir wollten wissen, wie es in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels eigentlich mit der Bindung zum eigenen Arbeitgeber hierzulande bestellt ist. Und um die gute Nachricht vorweg zu nehmen: Die meisten, nämlich fast zwei Drittel (65,4 %) würden nochmal bei dem Unternehmen anheuern, bei dem sie angestellt sind. Allerdings haben die Frage »Würden Sie sich heute nochmals bei Ihrem momentanen Arbeitgeber bewerben?« auch 11,1 % mit »unentschieden« beantwortet und 23,5 % verneint. Das heißt, gut ein Drittel (34,6 %) der Beschäftigten ist entweder schon aktiv auf Jobsuche oder zumindest empfänglich für Abwerbeversuche.
Sieht man sich die Umfrageergebnisse im Detail anhand verschiedener sozioökonomischer Faktoren an, sinkt die Zufriedenheit, je geringer die berufliche Stellung und je niedriger der Schulabschluss ist. Auch bei den Jüngeren (18- bis 29-jährigen) ist die Unzufriedenheit mit dem derzeitigen Arbeitgeber besonders groß. Einzige Ausnahme: Azubis würden sich zu über 90 % wieder in ihrem Ausbildungsbetrieb bewerben.
Geld ist Hauptgrund zum Jobwechsel
Wie zufrieden man mit seinem derzeitigen Arbeitgeber ist, hängt nicht nur von der eigenen Tätigkeit, sondern auch dem Image des Unternehmens ab. Deshalb haben wir die Beschäftigten gefragt, wie gut ihrer Meinung nach das Ansehen ihres Arbeitgebers ist. Hier stellt die Mehrheit ihrem Arbeitgeber ein gutes Zeugnis aus: Über die Hälfte (56 Prozent) findet das Image gut. Ein knappes Viertel (23,7 Prozent) bewertet das Ansehen gemischt. Nur 17,2 Prozent geben hier negatives Feedback.
Aber was sind die Gründe, die dann tatsächlich zur Kündigung führen?
Das wollten wir auch wissen – haben die Frage aber ganz bewusst so gestellt, dass wir die Beobachter-Perspektive der Befragten einfangen: »Was sind die Hauptgründe dafür, dass Kolleg:innen bei Ihrem Arbeitgeber ausscheiden?« Der am häufigsten genannte Grund ist einer, den man selbst kaum beeinflussen kann, weil er automatisch irgendwann eintritt: 38 % geben die Rente als Grund dafür an, dass Kolleg:innen gehen. Hier wird die beginnende Verrentungswelle der Babyboomer sichtbar.
Doch dann wird es interessant: Fast ebenso viele (37,3 %) geben eine bessere Bezahlung anderer Unternehmen an. Mit einigem Abstand folgen fehlender Spaß, mangelnde Weiterentwicklungsmöglichkeiten und schwierige Vorgesetzte. Die Gründe zum Jobwechsel verändern sich allerdings mit zunehmendem Alter:
Wie erwartet, zählt bei den Jüngeren eher der Spaß. Im mittleren Alter sind Geld und Entwicklungsperspektiven die vorrangigen Motive, bei einem anderen Unternehmen anzuheuern. Deutliche Unterschiede zeigen sich hier auch bei der Schul-, Berufsbildung und der beruflichen Stellung, die man auf den einfachen Nenner bringen kann: Am wichtigsten ist Geld dort, wo wenig verdient wird. Spaß an der Arbeit ist bei Arbeiter:innen und Menschen mit niedrigen Abschlüssen allenfalls Nebensache.
Umgang und Arbeitsklima wichtigste Bewertungskriterien für Arbeitgeber
Zu guter Letzt wollten wir noch wissen, was eigentlich einen guten Arbeitgeber ausmacht. Und hier überraschen die Antworten wenig: Den meisten (59,3 %) ist ein »fairer Umgang« wichtig, dicht gefolgt (55,6 %) von einem »positiven Arbeitsklima« und der Sicherheit, dass der Arbeitgeber auch in Krisen zu den Beschäftigten hält (43,9 %).
Ein »besseres Gehalt als beim Wettbewerb« scheint hier auf einmal weniger wichtig als die Unternehmenskultur. Entscheidender sind sogar Flexibilität bezüglich Arbeitsort und -zeit und die Förderung der persönlichen Entwicklung. Interessant ist bei dieser Frage, dass Menschen ohne Berufsabschluss ein fairer Umgang besonders wichtig ist. Sie finden es im Vergleich auch wichtiger, in Entscheidungen eingebunden zu sein und dass ihr Arbeitgeber ihre Gesundheit am Arbeitsplatz fördert.
Tatsächlich sind diese Ergebnisse Alarmsignale in mehrere Richtungen. Denn angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels kann es sich kein Unternehmen leisten, in die Situation zu kommen, ein Drittel der Jobs neu besetzen zu müssen. Die Befragungsergebnisse zeigen mehrfach, womit Arbeitgeber sich gegen eine solche Misere wappnen können: Indem sie Unternehmens- und Führungskultur derart verändern, dass sich die Beschäftigten persönlich wertgeschätzt fühlen, Spaß an ihrer Tätigkeit haben und sich in einem positiven Klima einbringen und weiterentwickeln können.