Arbeitgeberpositionierung

Arbeitgeberpositionierung

Definition, Bausteine, Entwicklung und Beispiel

Die Arbeitgeberpositionierung ist das Herzstück Ihrer Employer-Branding-Strategie: die Quintessenz Ihrer Unternehmenskultur, Ausdruck Ihrer Identität, das, was Sie nach innen und außen kommunizieren wollen, um aktuelle Mitarbeiter:innen zu binden und neue zu gewinnen. Wie sich die Arbeitgeberpositionierung definiert, wie Sie sie entwickeln und von welchem guten Beispiel Sie dabei lernen können, erfahren Sie in diesem Text.

Was ist eine Arbeitgeberpositionierung?

Die Arbeitgeberpositionierung manifestiert Identität und Werte eines Arbeitgebers, sie gibt ihm ein Gesicht und fasst in wenige Worte, was ihn auszeichnet und besonders macht – authentisch, zukunftsweisend und möglichst differenzierend.

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WWolf Reiner Kriegler, Founder & CEO bei DEBA

Wolf Reiner Kriegler

Gründer der DEBA GmbH

Keine Arbeitgebermarke ohne Arbeitgeberpositionierung. Wer sie nicht definiert, der macht kein Employer Branding, verliert bares Geld und wertvolle Zeit.

Arbeitgeberpositionierung oder EVP?
Die Tücken der Begrifflichkeiten

Gerade die wissenschaftlich geprägte Fachliteratur verwendet häufig den Begriff der Employer Value Proposition (EVP), aber auch viele größere Unternehmen sprechen von der sogenannten EVP, wenn sie Arbeitgeberpositionierung meinen. Der Begriff EVP ist ein Sinnbild für die Unklarheiten, die rund um Employer Branding existieren – sowohl in der Fachwelt als auch bei Dienstleistern und bei den Unternehmen.

Das fängt damit an, dass EVP oftmals auch als Employee Value Proposition bezeichnet wird. Manche sprechen sogar von einer Engagement Value Proposition. Man könnte meinen, dahinter verstecken sich unterschiedliche Konzepte, aber alle meinen das Gleiche: Das besondere Angebot, das ein Arbeitgeber an Mitarbeiter:innen und Bewerber:innen richtet, um sich glaubwürdig zu profilieren und zu unterscheiden.

EVP: Employer, Employee oder Engagement Value Proposition?

Wer sich jetzt fragt, welche Übersetzung für Arbeitgeberpositionierung die richtig ist, dem sei ein Blick ins Markenwesen geraten: Eine »Proposition« beschreibt immer ein Angebot, einen Vorteil oder ein Werteversprechen von jemandem – nicht, wie häufig angenommen, für jemanden. Eine Value Proposition ist also ein Versprechen, das ein Unternehmen, ein Produkt oder ein Arbeitgeber macht. Deshalb sind Sie mit der Übersetzung von EVP als »Employer Value Proposition« noch am besten beraten.

Warum besser Arbeitgeberpositionierung statt EVP?

Das grundlegende Problem am Begriff EVP basiert auf einer ihrer gängigsten Definitionen: Das Corporate Leadership Council hat 2006 in seiner Studie »Unternehmenskritische Nachwuchskräfte gewinnen und Leistungsträger binden« EVP als »Gesamtheit der Merkmale, die der Arbeitsmarkt und die Mitarbeiter als Nutzen betrachten, den die Anstellung in einem Unternehmen mit sich bringt.« definiert. Darunter fassen die Autoren Arbeitgebereigenschaften, meist rationale Benefits, die längst als Hygienefaktoren gelten dürfen – und für die Arbeitgebermarkenbildung keine wirksame Grundlage bilden, wie wir wissen.

›Unterscheidet Euch von anderen, indem Ihr sagt, was alle sagen‹ – so ließe sich die Paradoxie, die den Unternehmen allzu oft in der Literatur und von Beratern empfohlen wird, am besten beschreiben.

Wolf Reiner Kriegler
Gründer/CEO der DEBA

So entwickeln Sie eine Arbeitgeberpositionierung

Diverse Studien und vor allem die Praxis zeigen, dass Arbeitgebermarken nur entstehen, wenn sie sich über emotionale Benefits, über Werte, Ziele, Identität und Kultur des Arbeitgebers positionieren. Eine gute Arbeitgeberpositionierung beantwortet daher diese Leitfragen:

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Die Leitfragen der Arbeitgeberpositionierung

DEBA GmbH

Die drei Bausteine der Arbeitgeberpositionierung

In der Praxis hat sich bewährt, eine Arbeitgeberpositionierung aus drei Bausteinen zu bilden:

  • zentrale Positionierungsaussage (Employer-Brand-Positioning-Statement),
  • Hauptdifferenziator (Unique Employment Proposition, UEP),
  • kulturelle Passungskriterien (Cultural Fit und Future Fit).
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Exemplarische Anwendungsgebiete der Arbeitgeberpositionierung

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/ Zentrale Positionierungsaussage

Das Employer-Brand-Positioning-Statement beantwortet die Frage: Wer sind wir und wofür stehen wir als Arbeitgeber? Es umfasst alle Profilthemen des Arbeitgebers, die in der Positionierungsstrategie als relevant ausgewählt wurden, und kombiniert sie zu einer prägnanten, emotional formulierten Aussage, die auch das Spannungsfeld zwischen Status quo und gewünschter Zukunft des Arbeitgebers aufzeigt.

Das Employer-Brand-Positioning-Statement hat daher vor allem Identifikationsfunktion für Mitarbeiter:innen und Führungskräfte und Richtungsfunktion für die Organisationsentwicklung.

/ Hauptdifferenziator

Der Hauptdifferenziator beantwortet die Frage: Was macht den Arbeitgeber besonders oder sogar einzigartig? Die »Unique Employment Proposition« (UEP) ist das Pendant der Unique Selling Proposition aus dem klassischen Marketing und greift daher ausschließlich die Profilthemen der Arbeitgeberpositionierung auf, die den Arbeitgeber in den Bewerbermärkten am meisten differenzieren.

Die UEP ist der Brückenschlag in die externe Arbeitgeberkommunikation und fungiert auch als Creative Brief der die Strategie werblich umsetzenden Agentur. Sie hat daher vor allem Differenzierungsfunktion in den Arbeitsmärkten.

/ Cultural Fit und Future Fit

Der Cultural Fit ist das Pendant zum Professional Fit. Er beantwortet die Frage: Wer passt kulturell und persönlich am besten in unser Unternehmen? Oder, etwas ausführlicher ausgedrückt: Welcher »Typus Mitarbeiter:in« bringt nicht nur professionell und fachlich, sondern auch persönlich und kulturell die richtigen Voraussetzungen mit, um in Ihrem Unternehmen auf lange Sicht persönlich erfüllt und dauerhaft produktiv zu sein?

Mit dem Cultural Fit definieren und aktivieren Sie die sogenannte Filterwirkung der Arbeitgebermarke, um die Passung zwischen der Organisation und den Menschen, die in ihr arbeiten, auf kultureller und persönlicher Ebene zu erhöhen. Das senkt die Recruiting-Kosten und hat positive Effekte auf Mitarbeiterbindung, Performance und Kultur.

 

Das Qualitätsdreieck der Arbeitgeberpositionierung

Eines der am häufigsten zur Entwicklung einer Arbeitgeberpositionierung verwendeten Tools ist das 2011 von Wolf Reiner Kriegler entwickelte Qualitätsdreieck der Arbeitgeberpositionierung. Es bildet die drei Qualitäten einer guten Arbeitgeberpositionierung ab:

  

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© DEBA

  

/ Anker

stärkt Kultur und Identität. Gibt Ihrer Employer Brand interne Glaubwürdigkeit und Stabilität. Authentizität? Reicht uns nicht! Ankerthemen stiften Identifikation und steigern die emotionale Bindung zum Unternehmen.

/ Differenziator

Sorgt für die Differenzierung der Arbeitgebermarke auf den Arbeitsmärkten. Steigert Aufmerksamkeit und Wiedererkennung – und spart Budget. Ist der Übertrag von der Positionierung ins Personalmarketing und steht im Fokus des Konzepts für HR-Kampagnen.

/ Treiber

Treibt Change-Prozesse und richtet die Arbeitgeberpositionierung auf die angestrebte Zukunft aus. Ist besonders relevant für kulturelle Transformation oder für das Recruiting von Kandidaten mit Future Fit.

In diesem Qualitätsdreieck entsteht ein emotionales Spannungsfeld, das so­wohl Identifikationspunkte für Mitarbeiter und Führungskräfte als auch in den Arbeitsmärkten differenzierende Elemente enthält ‒ und darüber hinaus deutlich macht, wohin der Arbeitgeber in Zukunft steuert.

Darauf kommt es an: die richtigen Arbeitgeberprofilthemen auswählen

Bei der Entwicklung Ihrer Arbeitgeberpositionierung haben Sie nach der Arbeitsmarkt- und Wettbewerberanalyse, der Erhebung der Sollperspektive und der Kulturanalyse mit Ihren Mitarbeiter:innen einen großen Fundus an Themen zusammengetragen. Sie wissen, wofür Sie als Arbeitgeber stehen und wo die Reise hingehen soll. Sie wissen, welche strategischen Leitplanken sich aus den Zielen, Werten und der Marke des Unternehmens ergeben und vielleicht sogar, worüber sich Wettbewerber positionieren oder welche Wertorientierungen Ihre aktuellen und künftigen Zielgruppen haben. Die Kunst ist, alle Einsichten und Erkenntnisse systematisch zu jenen Themen zu reduzieren, zu verdichten und zu kombinieren, die das Potenzial haben, die für Ihr Unternehmen passendste und chancenreichste Arbeitgeberpositionierung zu definieren.

Obwohl Sie bei einigen Themen sicher auf den ersten Blick erkennen, welche die richtigen für Ihre Arbeitgeberpositionierung sind, hat sich in der Praxis das folgende systematische Vorgehen als effektiv, sinnvoll und nachvollziehbar erwiesen:

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Vorgehen zu Ermittlung der Profilthemen für die Arbeitgeberpositionierung

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Do‘s and Don'ts bei der Auswahl der Profilthemen

Die richtigen Profilthemen auszuwählen, ist entscheidend für Ihre Arbeitgeberpositionierung und damit auch für die Entwicklung Ihrer Arbeitgebermarke. Beherzigen Sie daher Folgendes:

  • Wählen Sie intuitiv aus, nicht statistisch oder mathematisch.
  • Benennen Sie die Themen in der Sprache Ihrer Mitarbeiter:innen, nicht in der „Amtssprache“.
  • Konturieren Sie die Themen lieber scharf als breit. Das Potenzial steckt im Detail.
  • Wenn Sie weniger als zehn Profilfelder erkennen, schauen Sie hin, ob sich das ein oder andere noch einmal filetieren lässt.
  • Scheuen Sie keine heißen Diskussionen. Haben Sie Mut, liebgewonnene Themen loszulassen, selbst wenn Entscheider dafür eine gewisse Verliebtheit an den Tag legen. In dieser Situation sind Besonnenheit, Würdigung der Perspektive anderer und eine schlüssige Argumentation gefragt.

Besonders spannend wird es, wenn dem einen oder der anderen im Lenkungs- oder Feedbackkreis anhand Ihrer Positionierungsrichtung klar wird, dass er oder sie gar nicht zu der Zukunft passt, in die das Unternehmen steuert. Wenn Sie so etwas erleben, haben Sie zwar ein Problem, aber gute Arbeit geleistet: An Ihren Profilthemen scheiden sich die Geister in der Organisation. Das ist wunderbar, denn die besten Arbeitgebermarken haben Prüfsteinqualität nach innen.

Wolf Reiner Kriegler
Gründer/CEO DEBA

Effektivität der Ehrlichkeit: der richtige Umgang mit ambivalenten Themen

Profilthemen müssen nicht uneingeschränkt positiv sein und nicht allen gefallen. Es gibt kulturelle Merkmale, die seitens der Geschäftsführung und/oder der Belegschaft als ambivalent oder negativ gesehen werden. Doch wenn sie die Kultur eines Unternehmens stark prägen, ziehen Sie unbedingt trotzdem in Betracht, sie in der Arbeitgeberpositionierung zu berücksichtigen. Das mag Sie wundern, aber es zahlt in jedem Fall auf Ihre Glaubwürdigkeit ein. Denn dieses Merkmal zu verschweigen, könnte bei neu eingestelltem Personal zu Irritationen und frühen Abgängen führen. Sollten Sie dieses Merkmal nicht aus Ihrer Arbeitskultur verbannen können, wird es Ihr Arbeitgebererlebnis prägen – ob Sie wollen oder nicht.

Sie können ein solches Merkmal offensiv als »Vorwarnung« formulieren. Das erhöht schon nach kurzer Zeit die Bewerberpassung, sorgt mittelfristig für homogenere Teams und weniger Fluktuation und auf lange Sicht für mehr Produktivität und Leistungsbereitschaft – die »Effektivität der Ehrlichkeit«.

Ambivalente Themen geben Ihrer Arbeitgebermarke Ecken und Kanten – sie erzeugen Aufmerksamkeit und zeugen von Mut. Das wird in den Arbeitsmärkten sofort honoriert, denn zwischen den vielen vollmundigen Werbeversprechen der anderen Arbeitgeber werden Sie sich künftig wohltuend authentisch abheben.

Wolf Reiner Kriegler
Gründer/CEO DEBA

Beispiel für die Entwicklung einer Arbeitgeberpositionierung

FUTURA AG

Die FUTURA AG hat neun potenzielle Profilthemen identifiziert, anhand einer Matrix nach ihrer Differenzierungsqualität und zwischen Ist-Situation und Sollperspektive verortet. Aus dieser Sortierung gingen vier Themen hervor, die in die Arbeitgeberpositionierung eingeflossen sind. Diese Profilfelder hat das Projektteam in Spirit-Sätzen auf den Punkt gebracht:

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Diese Kurzbeschreibungen wurden auf ihre Anker-, Treiber- und Differenziatorwirkung überprüft.

Das Ergebnis: »Zum Macher gezwungen sein« ist das Herzstück der Arbeitgeberpositionierung. Es ist sowohl akzeptiert und identitätsprägend als auch in seiner bes DEBA
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Auf dieser Grundlage entstand diese Arbeitgeberpositionierung.

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