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Christina Grubendorfer

The Real Book of WorkInterview mit Christina Grubendorfer

Alles redet von New Work. Langweilt dich das nicht auch? Es wird einen Grund geben, dass ihr von Real Work sprecht. Warum die Abgrenzung? 

Danke für die Frage, denn so ist es tatsächlich gar nicht gemeint und das Buch heißt auch extra nicht Real Work, sondern »The Real Book of Work«. Real Books sind heute die wichtigsten Nachschlagewerke der Jazzpraxis und gehören zu den meist verkauften Jazzbüchern aller Zeiten. In unser Real Book haben es einige »Songs der Arbeitswelt« geschafft: Hierarchieabbau, Silodenken, New Work, schreiende Chefs, »ganze« Menschen und Mindsets! Sie sind längst zu Standards der Führungspraxis geworden und sie brauchten dringend eine Transposition in die »wahre« Organisationswelt.

Wir beide wissen es: Arbeitgebermarke Ist ein Identifikationsangebot. Sie soll emotionale Zugehörigkeit stärken. Die Gefahr: in zu viel Identifikation mit der eigenen Arbeit – und dem Arbeitgeber – können wir uns schnell verlieren. Was habt ihr dazu herausgefunden? Kann richtig gutes Employer Branding in eine Mental-Health-Falle führen?  

Deine Frage spielt uns gut in die Hände, denn einer von neun Mythen der Arbeitswelt, mit denen wir in dem Buch aufräumen heißt: „Wir brauchen den ganzen Menschen in der Arbeit!“ Die Vermischung der beiden Sphären Leben und Arbeiten führt aber dazu, dass sich gewohnte Grenzen nach und nach verschieben oder ganz auflösen. Arbeitszeit und Freizeit, Esstisch und Schreibtisch, Privatgespräche oder Gespräche unter Kollegen sind nicht mehr zu unterscheiden. Die Corona-Pandemie hat zudem noch den Bildungsauftrag in die Wohnungen der Familien gespült. Auch nach der strapaziösen Homeschooling-Phase haben Eltern alle Hände voll zu tun, um die Rückstände ihrer Kinder aufzufangen oder sich mit den neuen Gewohnheiten der Lehrer, das Lernen in die Familien auszulagern, abzufinden. Überforderung und Stress im Familienalltag sind normal geworden. Die Entgrenzung der Arbeit passierte schleichend und ist noch nicht vollends ausgewertet. Die Effekte sind aber deutlich – Erschöpfung, Traurigkeit, Burn-out u.a. relativieren die Vorteile, sich sein Leben besser organisieren zu können.

Den ganzen Menschen mitzudenken, würde aus unserer Sicht bedeuten, ihm wieder ein Privatleben zu gönnen, ihm Freizeit, Ruhephasen und ein Leben außerhalb der Arbeit zu erlauben. Denn ein Mensch, der sich als Ganzes in seine Arbeit einbringt, geht darin auf und manchmal dann eben auch unter.

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Du bist eine der wichtigsten Systemikerinnen des Landes. Klingt hochtrabend, ist aber so. Welchen Experience Share möchtest Du mit den Employer Brand Manager:innen teilen, die ich ausbilde? 

Wow, tolle Zuschreibung, danke. Darf ich darauf antworten, dass diese Frage die Leitfrage beim Schreiben des Buchs war? Bedeutet also, man sollte das Buch lesen, denn darin teile ich meine wichtigsten Erkenntnisse über die Führung, Gestaltung und Veränderung von Organisationen. Zugegeben, ich habe da jetzt nicht nur Employer Brand Manager:innen vor Augen gehabt, sondern alle Führungskräfte, die es satt haben, von allen Seiten erzählt zu bekommen, wie sie es denn nun richtig machen sollen. Die Lust darauf bekommen haben, oder sich gezwungen sehen, sich nochmal intensiv mit der Frage zu beschäftigen, wie ihr Unternehmen oder ihre Organisation wirklich funktioniert. Fest steht, wir müssen umdenken, denn Organisationen folgen einer seltsamen Eigenlogik. Und die sollte man kennen, denn dann lassen sich eigene Entscheidungen treffen. Das ist im Prinzip wie eine eigene Dimension, die sich da auftut. 

 

Wohin sollte Employer Branding Deiner Meinung nach steuern? Und was läuft aus deiner Sicht schief?

Ich denke, das größte Problem ist auch hier mal wieder das Wording, denn wir beide wissen ja gut, wie stark man dagegen anarbeiten muss, dass es nicht um Marketing gehen kann und sollte. Das steckt aber fest irgendwie. Wir sollten einen neuen Begriff finden und setzen, der deutlicher fasst, dass es darum geht, die eigene Organisation zu einem relevanten Arbeitgeber für diejenigen zu entwickeln, die für ein Unternehmen überlebenswichtige Talente sind. Noch mehr als je zuvor geht es dabei um intelligente Führungsprozesse, um die Arbeit an der Organisation und weniger um die Bedienung der Schauseite.

 

 

The Real Book of Work – Christina Grubendorfer

Was ist dein Lieblingssatz in eurem neuen Buch? Bitte wähle einen, den die DEBA-Leser:innen ohne Kontext verstehen. 

Ich habe viele Lieblingssätze darin untergebracht, gerne greife ich einen heraus:

»Es gibt sie nicht, die perfekte Organisation. Wie man es auch dreht und wendet, es bleibt der Umstand, dass wir uns in unserer Arbeitswelt mit lästigen Problemen herumschlagen müssen.«

 

Headerbild: Katja Kuhl

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