Unternehmenskultur

Unternehmenskultur

Definition, Merkmale, Gestaltung und Beispiele

Die Unternehmenskultur ist die treibende Kraft der Arbeitgebermarke. Sie ist Ausdruck der Corporate Identity, an der Mitarbeiter:innen erkennen, wofür ein Unternehmen steht, was es besonders macht, ob er oder sie dazu passt oder nicht. Kurz: Unternehmenskultur ermöglicht Identifikation.
Deshalb kommt der Unternehmenskultur in der Positionierung als Arbeitgeber und im Prozess der Arbeitgebermarkenbildung eine zentrale Rolle zu. Was sich hinter dem Begriff genau verbirgt, wie Sie sie entwickeln, gestalten und von welchen guten Beispielen Sie dabei lernen können, erfahren Sie in diesem Text.

Was bezeichnet man als Unternehmenskultur?

Als Unternehmenskultur – oft wird als Synonym auch der englische Begriff Corporate Culture verwendet – bezeichnet man die Gesamtheit der Einstellungen, Überzeugungen und Normen, an denen die Führungskräfte und Mitarbeiter:innen sich im Unternehmen ausrichten, die sie leben. Die Unternehmenskultur ist ein System geteilter Werte, sozialer Normen, Symbole und Gesinnungen, die Entscheidungen und Handlungen innerhalb einer Organisation beeinflussen.

Die Unternehmenskultur umfasst alle Hierarchieebenen; sie schließt die Geschäftsleitung genauso wie Angestellte ein. Die Unternehmenskultur beantwortet die Fragen, wofür ein Unternehmen steht und was ihm wichtig ist. Im Non-profit-Bereich wird statt Unternehmenskultur häufiger der Begriff Organisationskultur – englisch: Organizational Culture – verwendet.

Die Unternehmenskultur umfasst vor allen Dingen die personen- und verhaltensbezogenen Bereiche eines Unternehmens:

  • Wie wird Führung im Unternehmen gelebt?
  • Welches Verhältnis herrscht zwischen den Führungskräften und den Angestellten?
  • Wie harmonieren die Hierarchieebenen miteinander?
  • Wie steht es um die interne Kommunikation?
  • Wie werden Informationen und Entscheidungen kommuniziert?
  • Und inwieweit werden die Mitarbeiter mit in die Entscheidungsfindung einbezogen?

Merkmale und Ziele der Unternehmenskultur

Unternehmenskultur setzt sich aus unterschiedlichen Merkmalen zusammen –
die einen sichtbar und bewusst, die anderen unsichtbar und unbewusst. Die Fachliteratur
zum Thema Unternehmenskultur geht davon aus, dass das Verhalten von Mitarbeitern nur zu 10 % von den formellen, bewussten Merkmalen der Unternehmenskultur beeinflusst wird und zu 90 % von den informellen, unbewussten.

     

    Unternehmenskultur und Unternehmenserfolg: Was leistet die Unternehmenskultur?

    Unternehmenskultur und das damit verbundene Mitarbeiterengagement hat einen bedeutenden positiven Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Das hat 2007 ein Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, des Great Place to Work© Instituts Deutschland und anderen Partnern, gezeigt. Demnach macht der Faktor Unternehmenskultur bis zu 31 % des Unterschieds zwischen dem Drittel der erfolgreichsten und dem Drittel der am wenigsten erfolgreichen der untersuchten Unternehmen aus.

    Das lässt sich relativ einfach darauf zurückführen, dass eine positive Unternehmenskultur die Zufriedenheit und damit auch die Produktivität der Mitarbeiter:innen steigert. Außerdem wirkt eine höhere Zufriedenheit auch auf die Fluktuation aus: Wenn weniger Beschäftigte kündigen, senkt das Recruiting-Kosten und ermöglicht eine langfristige Einsatzplanung.

    Unternehmenskultur nach Schein: das Kulturebenen-Modell

    Edgar H. Schein, der als Wegbereiter der Organisationkultur gilt, hat Unternehmenskultur wie folgt definiert: »Kultur ist die Summe aller gemeinsamen und selbstverständlichen Annahmen, die eine Gruppe im Laufe ihrer Geschichte erlernt hat. Sie ist der Niederschlag des Erfolgs.« Sein Drei-Ebenen-Modell ist Basis für viele wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Unternehmenskultur oder Organisationskultur.

    Das Unternehmenskultur-Modell nach Edgar Schein identifiziert im Wesentlichen drei Ebenen von Unternehmenskultur, die zueinander in Beziehung stehen:

    Schein nennt die zweite Ebene – die Werte und Normen – als Ansatzpunkt für Veränderungen der Unternehmenskultur.

    Grundannahmen // Orientierungs- und Verhaltensmuster, Weltanschauungen, die Wahrnehmung und Handeln beeinflussen. Diese Einflüsse sind unbewusst, es sind erlernte soziale Grundnormen, die nicht in Frage gestellt werden. Sie beziehen sich auf

    • Umwelt,
    • menschliches Handeln,
    • zwischenmenschliche Beziehungen,
    • Verständnis von Wahrheit und Zeit.

    Werte und Normen, die sich aus den Grundannahmen ableiten // Sie können auch als Verhaltensstandards beschrieben werden und umfassen

    • Verhaltensrichtlinien,
    • Maximen,
    • Verbote und
    • Gebote, die alle Mitglieder einer Organisation teilen, akzeptieren und größtenteils unbewusst leben.

    Artefakte // Ein Symbolsystem als Ergebnis der zweiten Modellstufe, das sich aus sichtbaren Artefakten und Verhaltensmustern zusammensetzt, etwa Firmenlogo, unternehmensinterne Abkürzungen und Verhaltensmuster.

    Wie Sie Ihre Unternehmenskultur aktiv gestalten

    Wenn Organisationen sich verändern (müssen), werden dafür oft neue Geschäftsstrategien und Einsparungsprogramme aufgelegt, Prozesse optimiert oder die IT erneuert – Maßnahmen, die sicher Erfolge verzeichnen. Aber sie treffen nicht den Kern der Organisation: die Unternehmenskultur, die Art und Weise der Zusammenarbeit. Nur wenn die Unternehmenskultur optimiert wird, können Organisationen sich langfristig an veränderte Marktanforderungen anpassen.

    Die Unternehmenskultur messen

    Da viele Faktoren nicht sichtbar sind und es keine messbaren Daten gibt, ist es nicht ganz einfach, die Unternehmenskultur zu messen. Aber es gibt einige Faktoren, die darauf hinweisen, ob die Unternehmenskultur zum Unternehmenserfolg beiträgt oder nicht. Dazu zählen:

    • Zufriedenheit der Mitarbeiter
    • Krankheitsrate
    • Mitarbeiterfluktuation
    • Leistung

    Die Unternehmenskultur aktiv gestalten oder verändern

    In der Praxis haben sich die folgenden Schritte zur Optimierung der Unternehmenskultur etabliert:

    • Vorbereitung und Planung: Welches Ziel soll mit einer neuen Unternehmenskultur erreicht werden?
    • Diagnose: Was kennzeichnet die aktuelle Unternehmenskultur?
    • Perspektive der Geschäftsleitung: Wo liegen die Stärken und die Schwächen der Unternehmenskultur?
    • Wie soll die zukünftige Unternehmenskultur aussehen? Welchen Herausforderungen sieht sich die Organisation in Zukunft gegenüber?
    • Welche kulturellen Merkmale sind notwendig, um diese Herausforderungen bestmöglich zu gestalten?
    • Roll-out unter Beteiligung aller Mitarbeiter:innen
    • Festigung, Messung und Abgleich mit Sollperspektive

    Unternehmenskultur als zentraler Erfolgsfaktor im Employer Branding

    Unternehmenskultur spielt im Employer Branding eine zentrale Rolle. Soll die Arbeitgebermarke doch hauptsächlich eine Filterwirkung entfalten, wer zur aktuellen Unternehmenskultur (Cultural Fit) und angestrebten Zukunft (Future Fit) passt und wer nicht. Daher ist die Unternehmenskultur auch Bestandteil der am häufigsten zitierten Definition von Employer Branding (Definition der DEBA):

     

    (…) Entwicklung, Umsetzung und Messung der Arbeitgebermarkenstrategie zielen unmittelbar auf die nachhaltige Optimierung von Mitarbeitergewinnung, Mitarbeiterbindung, Leistungsbereitschaft und Unternehmenskultur sowie die Verbesserung des Unternehmensimages.

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    Employer-Branding-Wirkungskreis

    Ein fundiertes Employer Branding hat Folgen. Es schafft Substanz, und zwar in vielen Bereichen. In fünf Wirkungsfeldern lassen sich nachhaltige Nutzeffekte erzielen. DEBA

    Nur Unternehmenskultur macht Arbeitgeber einzigartig

    Daher kommt der Unternehmenskultur in der Positionierung als Arbeitgeber und in dem Prozess der Arbeitgebermarkenbildung eine zentrale Rolle zu. Sie ist der Schlüsselfaktor, über den sich ein Arbeitgeber unterscheidet, denn Unternehmenskultur ist in ihren Facetten und Ausprägungen in jedem Unternehmen individuell und einzigartig – nicht immer in augenfälliger Deutlichkeit, aber immer in Nuancen.

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    Unternehmenskultur

    Sie ist Mittler von Identität und Identifikation DEBA

    Unternehmenskultur ist nicht nur ein Schlüsselfaktor für das Gelingen von Employer Branding, sie ist auch ein entscheidender Treiber für Geschäftserfolg, wie man heute weiß. Der Ansatz des identitätsorientierten Employer Branding macht sich diese Zusammenhänge zunutze – ein Ansatz, der von Wolf Reiner Kriegler 2006 aus dem Corporate Branding in die Employer-Branding-Fachdebatte überführt wurde und heute als etabliert gilt. Identitätsbasiertes Employer Branding positioniert die Arbeitgebermarke über Identitätsmerkmale und Kulturfaktoren des Unternehmens, also über emotionale Benefits des Arbeitgebers, auch gerne »weiche Faktoren« genannt. Hier liegen die Themen, die aus einem Arbeitgeber eine Marke machen. Die Identifikation stiften und differenzieren.

    Die Kulturanalyse: Wie sieht die Kultur Ihres Unternehmens aus?

    Daher ist die Kulturanalyse auch der wichtigste Schritt im Prozess der Arbeitgebermarkenbildung: Nach den Themen zu suchen, die als Identifikationsfaktoren und Differenziatoren bezeichnet werden sollen – in Abgrenzung zu den Themen, die auf den eher »harten Faktoren« der Arbeitgeberqualität, also in Tendenz rationalen Benefits eines Arbeitgebers, beruhen. Die Kulturanalyse mit Ihren Mitarbeiter:innen – denn niemand kann über die Unternehmenskultur besser Auskunft geben als die eigene Belegschaft – ist eine Bestandsaufnahme all jener Faktoren, Merkmale und Haltungen, die das Erleben des Arbeitgebers seitens Mitarbeiter:innen und Führungskräfte am meisten prägen – positiv wie negativ.

    Dabei handelt es sich um Kulturfaktoren, Identitätsmerkmale und Werthaltungen des Unternehmens – also weiche Faktoren, die emotionale Benefits des Arbeitgebers darstellen. Sie beeinflussen die Einstellung der einzelnen Mitarbeiter:innen gegenüber ihrem Arbeitgeber, ihr Zufriedenheitsgefühl, ihre Leistungsbereitschaft und ihre Entscheidung zu bleiben oder zu wechseln, sehr viel stärker als harte Faktoren oder rationale Benefits wie Vergütung, Förderprogramme oder Karrierechancen.

    In der Kulturanalyse geht es deshalb darum, festzustellen:

    • wie die Mitarbeiter:innen den Arbeitgeber sehen;
    • was das Arbeitgebererlebnis am meisten prägt;
    • womit sich die Mitarbeiter:innen am meisten identifizieren;
    • welche kulturellen Merkmale den Arbeitgeber besonders machen;
    • welche Werte an der Basis wirklich gelebt werden.

    Kulturelle Transformation

    Eine Transformation der Unternehmenskultur erfordert neue Verhaltens-, Denk- und Handlungsmuster. Auch in diesem Fall ist Employer Branding ein Key Player, der hilft, den Wandel zu fördern und in die richtigen, nachhaltigen Bahnen zu lenken. Je nach Intensität und Geschwindigkeit der gewünschten organisationalen Veränderungen kann die Arbeitgebermarke in Transformationsprozessen als Verstärker, Orientierungsgeber, Stabilisator oder als Weichensteller fungieren.

    Beispiele für erfolgreich gestaltete Unternehmenskulturen

    Samariter Stiftung

    Die Samariter Stiftung ist ein Gemeinwohlunternehmen der Alten-, Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie des Diakonischen Werkes der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Trotz der Gewinnorientierung – der wirtschaftliche Überschuss wird zu 100 Prozent reinvestiert – steht der Mensch im Mittelpunkt der rund 60 Einrichtungen.

    Die Employer-Branding-Kampagne der Stiftung arbeitet mit »humoristischen Twists« und greift provokant und humorvoll die Herausforderungen der Branche auf: Pflege ist ebenso anstrengend wie sinnstiftend. Die Arbeitgeberpositionierung drückt ganz bewusst eine Unternehmenskultur mit Ecken und Kanten aus, zeigt gleichzeitig aber auch eine spielerische Leichtigkeit im Umgang mit den Herausforderungen der Branche und hebt sich damit aus den übrigen Arbeitgeberauftritten der Sozialwirtschaft deutlich ab.

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    Samariter stiftung

    Leitmotive der Employer-Branding-Kampagne »Humoristischer Twist Samariter Stiftung

    gicom AG

    Die gicom AG ist ein IT-Dienstleistungsunternehmen, das sein Employer-Branding-Projekt schon unter großem Leidensdruck angesichts des Fachkräftemangels in der Branche begonnen hat. Um überhaupt passende Bewerber:innen – das sind in diesem Fall IT-Fachkräfte mit der Spezialisierung auf SAP-Datenbanken – adressieren zu können, zahlt das Unternehmen horrende Provisionen an Headhunter. Ziel der Kampagne war es daher, diese Ausgaben durch den Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke zu senken und gleichzeitig Frühfluktuationen zu vermeiden, die ebenfalls mit hohen Rekrutierungskosten zu Buche schlagen.

    Vor allem letzteres hat gicom durch seine außergewöhnliche Positionierung mit Claims wie #echtIRRE und »einen an der Klatsche haben« erreicht. gicom ist es gelungen, mit schlankem Budget und großem Eigenanteil eine Employer Brand mit Filterwirkung zu entwickeln. Der Erfolg: Mittlerweile wird wesentlich häufiger schon vor der Bewerbung oder im Rekrutierungsprozess klar, ob Kandidat:innen zu den anspruchsvollen Aufgaben des Unternehmens passen oder nicht.

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    gicom AG

    Auszug aus den Ergebnissen der Kulturanalyse (»Trüffelwolke«) DEBA Employer Branding Case

    BBBank eG

    Die BBBank ist eine Privatkundenbank in der Historie der deutschen Beamtenbanken und mit rund 500.000 Mitgliedern eine der größten Genossenschaftsbanken in Deutschland. Aufgrund des zunehmend anspruchsvollen Marktumfelds hat sich die BBBank dazu entschieden, ihre Arbeitgeberpositionierung aus dem Jahr 2015 zu überarbeiten. Die Analyse der Unternehmenskultur zeigte, dass sich einige kulturelle Aspekte im Lauf der Zeit verändert haben. Die neu positionierte Arbeitgebermarke trägt dieser kulturellen Veränderung Rechnung.

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    BBBank 2015

    Der Spiritsatz zum Haupt-Differenziator
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    BBBank 2021

    Der neue zentrale Spiritsatz bleibt dem alten treu und setzt neue Schwerpunkte