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DEBA Employerbranding | Magazin – KI und Arbeitsplätze

Ein kurzer Selbsttest am Dienstagmorgen –
Macht die KI uns 2023 arbeitslos?

In den letzten Tagen des alten Jahres macht ein KI-Tool auf sich aufmerksam, das scheinbar alles weiß und alles kann: ChatGPT. Man stellt dem Bot eine Frage, die durchaus kompliziert sein kann, und bekommt innerhalb weniger Sekunden eine meist ausführliche Antwort.

Medien und Tech-Webistes überschlagen sich bereits mit Prognosen, wessen Jobs nun gefährdet sind und Überschriften wie »ChatGPT is coming for your international development job« oder »Dieser ChatGPT-Bot vertritt dich in Vertragsverhandlungen«. Müssen sich Recruiter und Employer Branding-Expert:innen sorgen machen? Wird der Bot uns alle ausstechen und zukünftig die besseren Strategien machen?

 

Der Selbsttest mit ChatGPT-Bot

Ich gebe ein: »Create an employer branding strategy for a German carmaker« und bekomme eine Aufzählung in sechs Punkten, was zu tun ist: Kultur definieren und kommunizieren, positive Employee Experience stärken, Reputation als Arbeitgeber stärken, mit Bildungseinrichtungen zusammenarbeiten – und natürlich Mitarbeiter als Markenbotschafter. Ich versuche es mal mit einer Employer Branding Strategie für eine kleine örtliche Brauerei. Die Antwort ist die Gleiche.

 

Mein erster Eindruck: Sehr allgemein, da weiß ich mehr, wenn ich das Personalmagazin lese.

Der Autotest – sind wirklich alle gleich?

Aber egal, das mit der Kultur interessiert mich. ch will wissen, worin sich deutsche Autobauer in ihrer Kultur eigentlich unterscheiden. Ich spiele etwas herum: »Find about differences in company culture between BMW and Mercedes«.

Merkwürdigerweise gibt es auch hier sechs Punkte, drei für jeden. BMW kennt man angeblich für den Fokus auf Innovation und Risikobereitschaft, während Mercedes für das Bekenntnis zum Luxus und die Aufmerksamkeit fürs Detail steht. Überhaupt haben sie immer Fokus. BMW ganz stark auf Ingenieurleistung, Forschung und Entwicklung. Mercedes für Qualität und Kundenorientierung. Während BMW laut ChatGPT eine starke Unternehmenskultur mit Fokus auf Teamwork und Zusammenarbeit hat, kennt man Mercedes angeblich starke Führungs- und Managementstruktur und den – nun ja – Fokus auf Produktivität. Und überhaupt, so die Intelligenz-Maschine, hätten sowieso beide eine starke Unternehmenskultur.

 

Ich vergleiche als nächstes Volkswagen und Audi

Die Maschine merkt immerhin, dass sie zum selben Konzern gehören. Und dann vergleiche ich BMW und Volkswagen. Auch im dritten Anlauf liegen die Unterschiede in sechs Punkten, allerdings scheinen die Textbausteine knapp zu werden. Während wir von BMW schon wissen, dass der »Fokus« auf Innovation und Risikobereitschaft liegt, ist es bei VW die Erschwinglichkeit und die »accessibility«. Für die weiteren Unterschiede gibt die Maschine dann gleich identische Textbausteine aus, die wir schon kennen: »strong engineering focus« und »teamwork and collaboration«.

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DEBA Employerbranding Akademie | Chatbot-ergebnis

Fazit nach 30 Minuten Spielerei: Netter Zeitvertreib, bei dem man was über Stereotype erfährt. Kein Kunde würde uns für solcherlei Oberflächlichkeiten überhaupt zum Gespräch einladen.

ChatGPT bildet genau diejenige Realität ab, vor der wir immer warnen. Es produziert blasse Abziehbilder statt Originalität, Authentizität und Differenzierung. Ich merke, ich schriebe mich gerade in Rage, und könnte jetzt direkt noch die hervorragende Studie von Prof. Andranik Tumasjan herausholen, anhand derer man deutlich erklären kann, was der Bot gerade nicht leistet.

Aber dafür ist in den nächsten Wochen noch Zeit. Jetzt erst mal Entwarnung: Wer seinen Job versteht und richtig macht, der muss sich auch im neuen Jahr vor dieser Maschine nicht fürchten. Guten Start in ein menschliches 2023!

P.S. Ein schöner Text zum Thema erschien kürzlich in der New York Times.

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